Samstag, 16. August 2025

Sommerturnier in Dortmund

Bericht von Martin Werner

Unsere Turnierfahrt führte uns in diesem Sommer nach Dortmund zur Internationalen Sparkassen Chess Trophy. Mit Tim G., Lukas, Jan K., Tim W. und mir nahmen wir in starker Besetzung am zugehörigen B-Open teil, da dort die Bedenkzeit und der Rundenbeginn deutlich urlaubsfreundlicher waren als im A-Turnier. Die Ferienwohnung im nächsten Stadtteil von Dortmund war ein absoluter Volltreffer und so stand einer Woche voller Schach und kleineren Exkursionen nichts mehr im Wege.


10:30 Uhr mit jeweils nur einer Runde am Tag versprach im Gegensatz zu anderen Turnieren wirklich ein entspannter Modus zu werden. Die stark verkürzte Bedenkzeit (91 Minuten total mit 10 Sekunden Inkrement) sorgten dafür, dass spätestens gegen 14 Uhr dann auch alle fertig waren, so dass der Nachmittag noch gut selbst gestaltet werden konnte.
In der Setzliste an 2 und 4 starteten Tim G. und ich mit Pflichtsiegen auf bzw. knapp neben der Bühne. Tim W. musste gegen einen Gegner ohne DWZ eine Auftaktniederlage hinnehmen, während Lukas gesetzt nach langen Versuchen und zu vielen Abtäuschen nicht über ein Remis hinauskam. Kurios endete die erste Partie bei Jan K. als sein Gegner in Gewinnstellung ein Zwischenschach einstreute und bei dem kurzen Zeitformat dabei völlig vergaß, dass sich beide Türme noch gegenüberstanden. Er ließ den eigenen Turm einfach stehen und Jan gewann die Partie.
Am Nachmittag deckten wir uns mit Vorräten für die Woche ein und konnten anschließend direkt den Live-Stream des A-Turniers mit Artur Jussopow verfolgen. 

An Tag zwei konnte ich auf der Bühne erneut gewinnen. Eine kleine Taktik leitete hier die Wende zum Sieg ein, wenngleich die Phase ohne Restbedenkzeit später erneut nichts für schwache Nerven war:
Werner, M - Potrafke, L | Stellung nach 29...Lg5
Hier fand ich den hübschen Zug 30.Lc7!, wonach Schwarz den Springer bewegen und die Deckung des Bauern auf d5 aufgeben muss (30...Dxc7 31.Sxe6+ verbietet sich). 

Yours truly in Runde 2 im SSV-Shirt
Tim G. musste sich dem neuen Zeitmodus erstmal anpassen und kam in dieser Runde nur zu einer Punkteteilung. Lukas und Tim W. erledigten ihre Aufgaben gegen Schwächere souverän, während Jan K. diesmal ziemlich unter die Räder kam.
Der Kapitän Tim G. bei der Arbeit

Zusätzlich startete am Nachmittag auch noch das internationale Frauenturnier als Doppelrundenturnier mit 6 Teilnehmerinnen, welches Artur in seinem Livestream dann auch gleich noch mit abhandelte. Wir selbst gönnten uns etwas Bewegung mit Badminton als Ausgleichssport, was jedoch anscheinend nicht jedem Bruchsaler gleichermaßen zusagte.

Am Montag erlebte ich ein Eröffnungsfiasko auf der Bühne und musste eine Niederlage hinnehmen, obwohl ich bei der knappen Bedenkzeit sogar nochmal zurück in die Partie gekommen war. Lukas teilte für ihn völlig untypisch erneut den Punkt, da er eine klare Gewinnstellung lieber positionell als taktisch zum Sieg führen wollte und letztlich keine Figuren für einen Gewinn verblieben. Auch Tim G. legte noch ein Unentschieden nach. Jan K. und Tim W. konnten einen weitere Siege erzielen. Wir machten uns einen faulen Nachmittag mit Arturs Livestream und sahen im Frauenturnier eine unfassbare Kombination, die leider verpasst wurde:

Wagner, D - Lu, M | Stellung nach 34...Dxg4

Weiß hatte bis hierhin eine lupenreine Kombination vom Stapel gelassen, aber verpasst nun das wunderschöne Finish mittels 35.Dd8+! Txd8 36.Txd8+ Lf8 37.Lf6+ Kg8 und 38.Tc7!!. Ein unglaublicher Angriff, der den schwarzen König zur Strecke bringt. Auf magische Weiße sind die Konterfelder auf der weißen Grundreihe a1 und d1 kontrolliert und Schwarz verliert. 

Am Dienstag konnten Tim G., Lukas und ich endlich wieder punkten. Jan K. erzielte ein Remis und lediglich Tim W. musste gegen einen seiner zahlreichen jungen Gegner in diesem Turnier eine bittere Niederlage hinnehmen. Am Nachmittag nahmen wir das Angebot des Turniers zu einem vergünstigten Eintritt ins Fußballmuseum wahr und machten eine Reise durch die Geschichte der deutschen EM- und WM-Erfolge.

Die Bruchsaler vorm Fußballmuseum

Am Mittwoch wurden Lukas und Tim G. gegeneinander gelost und zeigten am Live-Brett ein großmeisterliches Remis durch Zugwiederholung. Am Nachbarbrett wollte mein Gegner an diesem Tag wohl auch nicht mehr als diesen halben Punkt, doch ich konnte mit einer starken Leistung im Endspiel einen Sieg erzielen. Jan K. legte noch ein Remis nach und zeigte sich in der Konkurrenz in diesem Turnier deutlich stärker als seine Zahl es nahelegte. Tim W. startete mit einem Sieg einen bockstarken Schlussspurt, schloss langsam wieder zu den oberen Brettern auf und gewann auch einfach alle nachfolgenden Runden. Drei von uns nutzen das schöne Wetter am Nachmittag für einen Gang durch den botanischen Garten und etwas Skat in der Sonne.

Spielen sie Skat? -Im Moment nicht...

Am Donnerstag konnte ich aus meinem Vorteil in der Eröffnung nichts machen und verlor mich selbst im kurzen Zeitmodus des Turniers. Mit viel Kampf und zwischenzeitlich drei Minusbauern konnte ich sogar in diese Partie nochmal zurückkommen und eine zumindest theoretische Remisstellung erreichen. Die knappe Zeit tat dann aber ihr übriges und eine weitere Niederlage war die Folge. Lukas erlebte den Beginn eines asiatischen Fiaskos mit Niederlagen in dieser und der Folgerunde. Tim G. konnte einen weiteren Sieg verbuchen. An diesem Nachmittag hatten wir bereits vor der Anreise die Stadionführung im Signal Iduna Park als Programmpunkt festgelegt. Wir nutzten die enthaltenen Freigetränke und bestaunten das größte Fußballstadion Deutschlands aus verschiedensten Blickwinkeln.  



Der SSV im Westfalenstadion

Am Freitag erlebte Tim G. einen Totalausfall am Brett. In eigentlich guter Stellung brachte er einfach keine Züge mehr aufs Brett und konnte mit dem ausschließlichen Verbleib des Inkrements nichts mehr retten. Eine bittere Niederlage. Jan K. bekam mit Boris Litfin ein echtes Original deutscher Schachturniere als Gegner (ich selbst hatte bereits vor vielen Jahren bei der DSAM in Kassel das Vergnügen). Jan spielte eine starke Partie aus schwieriger Lage und konnte den Vorteil schließlich auf seine Seite ziehen. Die Schlusskombination kam zwar wohl eher zufällig aufs Brett, dennoch ist sie dadurch nicht weniger schön:
 
Keller, J - Litfin, B | Stellung nach ...Df3

Jan spielte das starke 1.Txh5! hatte hierbei jedoch wohl zunächst die schwarze Konteridee 1...Df1+ übersehen. Nach dem erzwungenen 2.Lxf1 fxg6 sind beide weißen Figuren angegriffen, doch das finale 3.Lc4+ gewinnt sofort die Partie. 

Am Nachmittag gönnten wir uns einen Burger in der Nähe vom Borsigplatz und bereiteten unsere Abreise durch Vernichten der Bierreserven vor. Vor der Rückfahrt fragte ich mich aber schon, wer nach dieser Reise die zahlreichen deutschen Memes mit mir teilen soll. Wen soll ich fragen, was Don Rollo Florian Neuhaus gegeben hat, ob meine Chicken Nuggets verbrennen oder was die Verfolgung der jungen Frau mit ihrem Mentos soll? Wir hatten jedenfalls eine super Zeit und haben viel gelacht.

Die Schlussrunde am Samstag in Dortmund lief für mich katastrophal und ich konnte meine Fehler in der Eröffnung nicht wieder ausbügeln. Mit 5/8 ein bitteres Turnier, das einige DWZ-Punkte kostet, aber dennoch als Urlaubsreise mit diesen Zeiten optimal war. Auch Tim G. wird trotz eines Sieges in der letzten Runde nicht gänzlich zufrieden sein. Lukas reichte ein letzter Sieg nicht, um seinen Erwartungswert noch erfüllen zu können. Tim W. konnte zumindest mit seinem beeindruckenden Schlussspurt noch ein starkes Turnier hinlegen, wenngleich sich auch das nicht in der DWZ-Wertung zeigt. Der einzige mit wirklich deutlicher Überperformance war Jan K., der mit 6/8 nicht nur ein kräftiges DWZ-Plus von ganzen 73 Zählern machte, sondern sogar noch den 3. Ratingpreis in der DWZ-Kategorie 1750-1850 gewinnen konnte. Das Foto mit Artur Jussopow gab es somit als kleines extra dazu. Glückwunsch!

Jan K. auf dem Podium

Damit endete unser Schachurlaub, den ich auf jeden Fall für die nächsten Jahre empfehlen kann. Wenngleich das Turnier bei diesem großen Namen sicherlich einiges an Glanz im Vergleich zu seinen besten Zeiten verloren hat, so bleibt die Besetzung weiterhin stark. Das B-Open ermöglichte uns perfekte Rundenzeiten mit kurzen Partien, so dass wir am Nachmittag auch mal etwas abseits des Schachbretts erleben konnten. Die weite Anreise konnte uns nicht abschrecken und auf der etwas länglichen Heimfahrt konnten wir uns im Zug erneut die Zeit mit Kartenspielen vertreiben. Auf geht's Dortmund, ich komme auf jeden Fall wieder - vielleicht sogar nochmal zum Schachspielen.

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