Freitag, 8. September 2023

DWZ-Turnier 2023 - 6 Bruchsaler im oberen Spielsaal

Bericht von Martin Werner 

Unser diesjähriges DWZ-Turnier war erneut gut besucht und in den Topgruppen auch wirklich stark besetzt. Wenngleich der obere Spielsaal für die nominell erfahreneren Spieler der Gruppen 1-5 gedacht war, so gab es auch hier die üblichen Wirrungen inklusive einzügigen Einstellern, nicht ganz elementaren Endspielen und restlosem Ablaufen der Zeit nach Bonus mit gegnerischen verbleibenden 1,5h.


Gruppe 1

Die Spitzengruppe brachte mit Joscha, Tim G. und mir erstmalig drei Bruchsaler Teilnehmer. Aufgefüllt mit Stefan und Alexander Doll sowie Dr. Stephan Feil ergab sich eine Gruppe alter Bekannter, die sich in einigen - jedoch trotz der Ergebnisse nicht in allen - Partien erwartungsgemäß neutralisierten. Am wenigsten los war sicherlich in meinen eigenen Partien, die alle remis endeten, und mit gerade mal 64 Zügen (ganz passend zum Schachbrett) am gesamten Wochenende hatte ich sicher den geringsten Arbeitsaufwand. Somit blieb mir aber mehr Zeit, das Geschehen im oberen Spielsaal zu verfolgen und nun davon zu berichten.

Einen ganz rabenschwarzen Start erwischte Joscha, der in seiner Partie gegen Stefan Doll früh das Ruder in die Hand nahm und gekonnt eine Qualität erbeutete. Ein völliger Totalaussetzer machte diesen Vorteil dann allerdings blitzschnell kaputt, als Joscha zunächst einen wichtigen Bauern ungedeckt ließ und im direkten Anschlusszug einzügig einen Turm einstellte.

Trotz intensiver Bemühungen der anderen Teilnehmer in Gruppe 1 blieb dieses Malheur neben einem Sieg von Alexander Doll gegen Dr. Stephan Feil die einzige andere entschiedene Partie. Von 15 Spielen endeten somit 13 Remis, was den Rekord des letzten Jahres um ein weiteres Unentschieden überbietet. Dies bedeuten jedoch nicht, dass es keine Chancen auf weitere Siege gegeben hätte. Besonders Tim G. hatte in beiden Partien gegen die Mitglieder der Familie Doll die klar bessere Stellung und hätte wohl zumindest eine der beiden Partien gewinnen sollen. Auch gegen Joscha hatte Tim sich eine klare Gewinnstellung erarbeitet und nur der Zeitmodus ohne Inkrement hinderte ihn an einer überzeugenden Verwertung, sodass auch hier eine Zugwiederholung angestrebt wurde.

Tim somit vermutlich mit seinem Turnier nicht ganz zufrieden, wenngleich 50% am Ende einen soliden DWZ-Zuwachs bedeuten sollten. Für mich sind die 50% sehr nah am Erwartungswert mit minimalem DWZ-Plus und Joscha macht mit 2/5 geringfügiges Minus.


Gruppe 2 

Hier erwischte Lukas im Gegensatz zum vergangenen Jahr ein starkes Turnier und zeigte das Schach, das wir uns auch in den Mannschaftskämpfen immer wünschen. Ohne Niederlage standen am Ende 3,5 Punkte zu Buche und Lukas verzeichnet somit ein saftiges DWZ-Plus. Fabian hingegen hatte in dieser Gruppe einen schweren Stand und blieb letztlich mit 1,5/5 unter den Erwartungen. Die Chancen auf mehr waren jedoch durchaus gegeben und gerade die Partie zwischen Lukas und Fabian war bis zum Schluss interessant zu verfolgen:

Weiß am Zug in Hochscheidt - Hubbuch
Lukas hatte einen gefährlichen Angriff aufgebaut und hätte diesen mit der hübschen Kombination Sf7 Lxg3 e7! gekonnt zum Abschluss führen können, wonach Schwarz nur noch mit Lh4 schlimmeres als einen Qualitätsverlust vermeiden kann. Stattdessen eroberte Lukas die Qualität via Tf7+ Txf7 Sxf7 Lxg3 Sxd8, was allerdings aufgrund der gestrandeten Position des Sd8 die Gewinnführung erheblich erschwerte.
In der Folge bekam Fabian starke Freibauern im Zentrum für die Qualität und hätte kurz vor Schluss sogar die Partie taktisch für sich entscheiden können:

Schwarz am Zug in Hochscheidt - Hubbuch

Mit Schwarz am Zug leitete Fabian die Gewinnkombination mit Lf3+ Ke1 korrekt ein, ließ dann jedoch den Gewinnzug aus. Mit nachfolgendem d2+ Sxd2 Lf2+! (cxd2+ wäre im Remissinne ja auch völlig in Ordnung gewesen) Kxf2 cxd2 kann Weiß die Umwandlung nur noch unter Aufgabe des Turms parieren: Td7 d1D Txd1 Lxd1. Und die Endspieldatenbank bestätigt: Dieses Endspiel ist für Schwarz gewonnen, da Weiß schon bald die Züge ausgehen und er den verbleibenden schwarzen Randbauern (mit richtigem Umwandlungsfeld) nicht abtauschen kann. Stattdessen gab Fabian in der Partie den c-Bauern völlig ohne Not ab und musste Lukas kurze Zeit später zum Sieg gratulieren.

 

Gruppe 3

Matthias eröffnete das Turnier in Gruppe 3 mit einer kuriosen Partie, deren Ende ich in Gänze bestaunen konnte. Nachdem Matthias früh Material abgegeben hatte, hätte sein Gegner leicht ein Endspiel mit Mehrfigur und unaufhaltsamem Freibauern erreichen können. Stattdessen ergab sich in der Folge diese Stellung:

Schwarz am Zug. Auszug (oder zumindest ähnlich) aus von Wilke - Roos






 

Mit Schwarz am Zug ist die Stellung für Matthias sicherlich auch objektiv immer noch verloren, doch es ist noch einige Arbeit zu tun. Aus unerfindlichen Gründen gab Matthias allerdings mit Td6 freiwillig den b4 ohne echte Kompensation ab und erleichtere die weiße Gewinnführung. In der nachfolgenden Zeitnotschlacht ohne Inkrement kam es allerdings noch mehr als einmal zum Wechsel des zu erwartenden Ergebnisses zwischen weißem Sieg und Remis und zum Abschluss konnte Matthias zumindest eine Stellung erreichen, in der nur noch der weiße h-Bauer als Gewinnpotential übrig blieb:

Schwarz am Zug. Kurz vor dem Ende in von Wilke - Roos

 

Matthias witterte die Chance auf ein Remis bei Turmtausch, da weiß ja lediglich der Randbauer mit der falschen Läuferfarbe bleiben würde. Daher tauschte er in obiger Stellung mit Txf8+ Kxf8 die Türme ab, nur um dann festzustellen, dass sein König nun plötzlich nicht mehr die rettende Ecke auf h8 erreichen kann. Nach dem erzwungenen Kg5 hätte das einfache Kg7 den h-Bauern zur Dame geführt. Allerdings unterlief Weiß mit nur noch 10 Sekunden für alle restlichen Züge auf der Uhr ein Fingerfehler und er griff mit h6?? fehl. Nach Kxh6 endete die Partie tatsächlich doch noch remis. Drama, Wahnsinn und Adrenalin in stark gepresster Form!

Leider gaben Matthias' Stellungen bei gelegentlicher Betrachtung im Turnierverlauf häufiger Anlass zur Sorge und so wird er vermutlich mit den gesammelten 1,5 Punkten aus 4 Partien auch selbst nicht ganz zufrieden sein. Die Tatsache, dass sich krankheitsbedingt in der allerletzten Runde keine Chance mehr zur Schadensbegrenzung bot, ist in diesem Turnierformat natürlich umso tragischer. Dann müssen eben die Ligaspiele der kommenden Saison die DWZ-Differenz wieder kompensieren. 

Der Beginn dieser Saison steht schon unmittelbar vor der Tür: Am 24.09.2023 wird unsere erste Mannschaft voraussichtlich Familie Doll beim Kampf in Untergrombach wiedertreffen, während unsere zweite Mannschaft direkt beim starken Konkurrenten der vergangenen Saison, den Schachfreunden Graben-Neudorf antreten wird. 

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