Montag, 17. März 2025

Verbandsliga Runde 7 - SSV siegt bei 4-Punkte-Thriller in Mannheim

Bericht von Martin Werner 

Am siebten Spieltag der Verbandsliga Nord ging es für unsere erste Mannschaft zur Auswärtsfahrt nach Mannheim. Der SK Lindenhof lag vor diesem Match mit nur drei Mannschaftspunkten auf dem vorletzten Tabellenplatz und wollte gegen unser Team im direkten Duell gegen die Abstiegsplätze unbedingt punkten. Daher boten die Gastgeber in diesem waschechten 4-Punkte-Spiel ihre bislang beste Aufstellung der Saison mit einem DWZ-Schnitt von 2063 Zählern auf. Unsere Bruchsaler Mannschaft musste leider krankheitsbedingt kurzfristig auf Joscha verzichten, konnte aber mit leichtem Stress am Sonntagmorgen noch ein Nachrücken der zweiten Mannschaft organisieren. Hierdurch kam Matthias zu seinem dritten Einsatz in der Verbandsliga in dieser Saison. Der Erwartungswert sprach eine klare Sprache und erwartete von unseren Gegnern mehr als fünf Brettpunkte, wobei wir nur an den ersten beiden Brettern favorisiert waren, da die Wertungszahlen der Mannheimer bis ganz nach hinten nicht unter 2000 Punkte abfielen. Dennoch warfen wir alles in den Kampf, um dieses wichtige Match für uns zu entscheiden. 


In einem deutlich größeren Saal als sonst spielten gleich mehrere Mannheimer Teams parallel ihre Verbandsrunden-Kämpfe, was den Grundpegel der Lautstärke gleich einmal drastisch erhöhte. Zusätzlich saß unser Team ganz am Rand mit dem Blick zur großen Fensterfront, die die tief stehende Sonne an diesem Tag allen Bruchsalern ins Gesicht warf. Durch die Aufstellung des Gegners und die anderen Widrigkeiten legten wir jedoch die richtige Jetzt-Erst-Recht-Mentalität an den Tag.

Ein verhältnismäßig früher Rückschlag erreichte den Ergebniszettel, als Lukas seine Partie am sechsten Brett verloren geben musste. Nach einer Eröffnung, die schon dem Namen nach viel Leid verspricht, verlor Lukas beim Versuch aktiv zu werden zunächst einen Bauern. Im Anschluss flog sein Zentrum gänzlich auseinander und ein weiterer Bauer blieb auf der Strecke. Der Abtausch ins Läuferendspiel reichte dann aus, um Lukas zur Aufgabe zu bewegen. Früher Rückstand: 0-1

Leon war an Brett 5 mit der von ihm gespielten Variante erneut nicht gänzlich zufrieden. Nach frühem Damentausch geriet er zunehmend unter Druck und hätte bei korrekter Fortsetzung seines Gegners wohl ein sehr unangenehmes Endspiel spielen müssen:
Wegmer, L - Wind, L | Stellung nach 21.b3

Spielt Schwarz nun 21...Sxe3 22.fxe3 Tbd8, so ist es für Weiß schwierig, sich der Fesslung entlang der d-Linie zu entziehen und der Bauer e3 wird in der Folge ein Ziel nach schwarzem Lh6. Stattdessen folgte in der Partie jedoch 21...Se5 und Leon hätte das Problem um seinen König im Zentrum mit 22.Sb5 gut lösen können. Doch erst drei Züge später nach weiterem Spiel mit dem Feuer wurde der Brand gelöscht und der gefährliche weißfeldrige Läufer auf a6 neutralisiert. Anschließend verflachte die Stellung zum Remis und man einigte sich auf die Punkteteilung. 0,5-1,5 

Jenni machte an Brett 7 genau da weiter, wo sie zuletzt in der ersten Mannschaft aufgehört hatte. Bislang noch ohne Niederlage in der Verbandsliga spielte sie gegen ihren Mannheimer Gegner mit DWZ >2000 stark auf und verschaffte sich einen Monsterspringer im Zentrum auf d4. Ein letzter Angriff auf die schwarze Stellung brachte schließlich den Durchbruch: 
Wellenreich, J - Krauß, H.-P. | Stellung nach 26.Lh3

Die schwarze Verteidigungsaufgabe ist schon schwer, sollte aber definitiv mit 26...Sxe5 weitergehen. Weiß weicht der drohenden Gabel auf f3 mit dem coolen 27.Kh1! aus und bleibt in klarem Vorteil. In der Partie kam hingegen das sofortige 26...c5? und nach 27.Sxe6 (27.Lxf5 Lxf5 28.Sxf5 ist vermutlich auch gut für Weiß, jedoch weniger klar) 27...Dxe6 28.Lxf5 zerfiel die Schwarze Stellung in ihre Einzelteile. Jenni eroberte noch einen weiteren Bauern und ihr Gegner gab angesichts des überragenden weißen Zentrums und der starken Felderkontrolle kurz darauf auf. Der Ausgleich: 1,5-1,5

Matthias spielte an diesem Tag als Ersatz am achten Brett groß auf und konnte seinen nach Wertungszahl deutlich höher gesetzten Gegner mit der Eröffnung früh unter Druck setzen. Nach einem eher fraglichen Abtausch erhielt Matthias einen gefährlichen Freibauern auf c3. Diesen konnte er mit einem geschickten Hebel im Zentrum in Szene setzen und hatte die mittelfristige Entscheidung und somit den Sieg gegen seinen 2000er auf dem Brett:

Kraus, A - Roos, M | Stellung nach 23.Lf3

Hier hätte der Vorstoß 23...c2! die weißen Steine vollkommen lahmgelegt. Nach 24.Sa3 Tb2 kann Weiß sich nicht rühren und ansonsten siegt Schwarz mit La4 nebst Tb1. In der Partie wurde hingegen nach 23...Lf5 24.Ld1 der weiße d-Bauer gegen den starken schwarzen c-Freibauern getauscht (24...Lxd3 25.Sxd3 c2 26.Lxc2 Sxc2), wonach der schwarze Vorteil dahin war. Letztlich wurde dann im Doppelspringerendspiel remis vereinbart. Schade, aber dennoch stark gespielt! Mit Matthias im Team hat unsere Mannschaft in dieser Saison bislang immer gepunktet. 2-2

In meiner eigenen Partie am dritten Brett hätten wir bei korrekter taktischer Bestrafung meines seltsam anmutenden Manövers früh eine weitere Schlappe hinnehmen müssen:
Werner, M - Sulzbach, S | Stellung nach 15.Da4

Schwarz wählte mit 15...Sd5 den richtigen Zug mit Angriff auf den Lf4 und der Drohung Sb6. Nach 16.Se5 wurde jedoch mittels 16...Sxe5 17.Lxe5 getauscht und Schwarz konnte in der Folge lediglich einen Mehrbauern bei rückständiger Entwicklung im Endspiel herausholen. Die Bestrafung des weißen Spiels bestand in 16...De8!, wonach ich die Rettungstaktik 17.Sc7 Sxc7 18.Sxc6 geplant hatte. Doch hier gewinnt Schwarz durch den coolen Zwischenzug 18...Ld6! eine Figur in Form des gefesselten Springers auf c6. Das in der Partie resultierende Endspiel spielte ich zum Glück deutlich besser als die frühe Partiephase und konnte letztlich den verlorenen Bauern zurückerobern. Der Abtausch aller Figuren bis auf das Läuferpaar sowie sämtlicher Bauern am Damenflügel reichten dann, um den hart erkämpften halben Punkt zu sichern. 2,5-2,5

Wir schnupperten erneut an der Überraschung gegen einen deutlich höher gesetzten Gegner mit dem ausgeglichenen Zwischenstand und drei noch laufenden Partien, bei welchen wir an keinem Brett erkennbar schlechter standen.

Erik agierte an Brett 2 erneut mit viel Geduld und konnte das Pendel zu seinen Gunsten ausschlagen lassen als sein Gegner durch eine etwas zu sehr erzwungene Taktik eine Qualität für einen Bauern aufgeben musste. Die technisch schwierige Aufgabe in der verstellten Position Fortschritte zu erzielen, meisterte Erik gekonnt und als schließlich nur noch Turm gegen Läufer im Endspiel übrig blieben, zahlte sich die Qualität dieser Figur schließlich aus. Der Bruchsaler verschaffte sich einen Freibauern und ließ diesen zur Dame laufen, ohne dabei gegnerisches Gegenspiel zuzulassen. Die erstmalige Führung im Match: 3,5-2,5

Nachdem Tim W. an Brett 4 in den vergangenen Partien häufig mit seiner Eröffnungswahl gehadert hatte, präsentierte er diesmal eine klassische Hauptvariante und konnte früh vollen Ausgleich erzielen. Im letztlich entstandenen Turmendspiel war es sogar eher der Bruchsaler, der praktische Chancen auf den vollen Punkt haben sollte. In objektiv völlig ausgeglichener Stellung wurde dann schließlich der Punkt friedlich geteilt und somit bereits ein Mannschaftspunkt gesichert. 4-3

Tim G. spielte geduldig eine wenig spektakuläre Eröffnung und lange sah es nach vollem Ausgleich aus. Doch dann entschied sich sein Mannheimer Gegner mit den eigenen Figuren allzu aktiv zu werden und Tim sammelte langsam aber sicher zwei Bauern im Doppelturmendspiel ein. Eine etwas unbedachte Aktion des Bruchsalers ließ dann allerdings viel schwarzes Gegenspiel zu und nur unter Königswanderung konnte Tim die Bemühungen auf Sieg zu spielen fortsetzen. Kurios war jedoch besonders der Schlusspunkt in dieser Partie: In überlegener Stellung wählte Tim die für ein Remis und somit den Mannschaftssieg definitiv ausreichende, sichere Fortsetzung, die allerdings objektiv vermutlich einen halben Punkt verschenken sollte. Und genau nach diesem Zug gab der Mannheimer Spieler die Partie auf!

Geweniger, T - Hardt, A | Stellung nach 48...Kf7

Tim spielte 49.Tg2, was den schwarzen g-Bauern erobert und das remis sicherstellt. Nach 49...Tc1 50.Ke3 Td5 51.Txg3 52.Tcxc5 wäre allerdings wohl auch objektiv kein Gewinn für Weiß mehr drin gewesen. 49.c6 hätte die Partie hingegen ziemlich schnörkellos gewonnen. Die Aufgabe seines Gegners kam somit wohl nicht nur für Tim überraschend. Sowas sieht man auch nicht alle Tage. 5-3

Somit erzielen wir das Ergebnis, das auch unser Kapitän genau so vorhergesagt hatte: Ein 5-3 mit drei Siegen und einer Niederlage. Ein etwas weniger dramatischer Verlauf wäre ihm aber sicher auch recht gewesen. Gefühlt war der Ausgang des Kampfes noch knapper als es das Ergebnis vermuten lässt. Wie so häufig in engen Matches haben wir zwar halbe Punkte liegen lassen, hatten jedoch auch in mindestens zwei Partien den nötigen Dusel.

Das Team hat auf jeden Fall erneut gezeigt, dass es sich trotz der starken Konkurrenz in der Verbandsliga nicht zu verstecken braucht. Die durchweg positiven Ergebnisse des Spieltags wurden im Anschluss noch im Bruchsaler Zapfhahn gefeiert wie es schon vor Corona-Zeiten beim SSV Brauch war.

Aftershow-Party des SSV im Zapfhahn wie in alten Zeiten


In der Tabelle halten wir mit diesem wichtigen Sieg den SK Lindenhof auf Abstand und lassen aktuell noch drei weitere Teams hinter uns. Mit Tabellenplatz 6 und 7-7 Mannschaftspunkten haben wir uns eine starke Ausgangslage für die letzten beiden Spieltage erarbeitet. Sollten wir hier noch mindestens einmal punkten, ist der Klassenerhalt dann wohl auch rechnerisch sicher.

Tabelle in der Verbandsliga Nord nach dem siebten Spieltag

Zum nächsten Spiel erwartet uns schon in zwei Wochen der Mosbacher SC bevor dann nach längerer Pause im Mai der letzte Spieltag als Heimspiel gegen die Schachfreunde Heidelberg ansteht.

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