Donnerstag, 15. Februar 2024

DSAM Stuttgart - Same same but different

Bericht von Martin Werner

In der gleichen Konstellation wie im letzten Jahr bei der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft (DSAM) in Darmstadt traten wir in diesem Jahr in Stuttgart an. Wir wählten diesmal die Übernachtung direkt im Hotel und versuchten die Vereine aus Bruchsal (yours truly, Gruppe B) und Flörsheim (Lukas Platt und Dominik Schwarz, beide Gruppe C) würdig zu vertreten. Das Hotel selbst konnte uns nicht nur aufgrund der Lage in der falschen Stadt leider nicht gänzlich überzeugen. Während in den vergangenen zwei Jahren noch die Hitze (siehe hier) und die extrem überfüllten Spielsäle (siehe hier) das Problem waren, bot die alte Reithalle durchaus ausreichenden Platz für die Mehrzahl der Gruppen. Der Geruch in der Halle war allerdings schon ziemlich grenzwertig und da der andere Spielsaal mit Gruppe C lediglich eine Erweiterung des Frühstücksraums des Hotels war, war dort die Geräuschkulisse am Vormittag dementsprechend.

Blick in den Turniersaal in der alten Reithalle

Lukas zeigte in der ersten Runde eine Partie, in der er früh komplett auf Tilt überging. Der Überraschungseffekt über sämtliche ins Geschäft gesteckten Figuren hielt bei seinem Gegner nur kurz und schon nach wenigen weiteren Zügen musste Lukas aufgeben. Dominik hingegen gewann seine Auftaktpartie, jedoch ebenfalls mit einer Leistung, die alles andere war als aus einem Guss. Bei mir selbst entwickelte sich die erste Runde ungemein zäh und selbst als ich zwei Mehrbauern im Endspiel besaß, musste ich noch lange akkurat weiterspielen. Nach ganzen 5 Stunden Spielzeit war der volle Punkt dann endlich bei mir und wir konnten noch schnell einen Mittagssnack einnehmen, bevor die zweite Runde begann.

Leider ging bei mir in Runde zwei eine eigentlich bereits erfolgreiche Eröffnungsfalle schief, indem ich die Züge meiner eigenen Variante vertauschte. Danach war die Stellung hoffnungslos und obwohl ich in der Folge die verlorene Figur sogar noch zurückerobern konnte, war die Stellung nicht mehr zu retten. So blieb mir nur meiner Gegnerin zum Sieg zu gratulieren.
Lukas' Stellung sah verheißungsvoll aus, doch offenbar war nie etwas wirklich Brauchbares daraus zu bekommen. Nach großem Generalabtausch einigte man sich auf ein friedliches Remis. Dominik hatte auch in dieser Runde einen sehr wackligen Start und erst zum Ende der Partie begann sein Gegner die korrekten Pfade zu verlassen. Als dann Dominiks Schwerfiguren vor dem gegnerischen König auftauchten, war eine hübsche Mattkombination nicht mehr zu verhindern. Nach diesem Ergebnis hofften wir auf einen weiteren Durchmarsch von Dominik, der schon obwohl nur als Nachrücker angetreten bereits im letzten Jahr in Darmstadt das Turnier mit 3 Siegen eröffnete.


Nach frühem Frühstück (Rundenbeginn 9 Uhr!) und dem zu erwartenden Stau, wenn alle Schachspieler gleichzeitig zur Runde mit dem Aufzug fahren wollen (danke nochmal an das Hotel, dass auch für diese besondere Situation das Treppenhaus nicht freigegeben werden konnte), begannen wir bei mir mit einer kuriousen Eröffnung in Runde drei. Nach Vorbereitung am Vorabend fiel mir auf, dass mein Gegner bereits zwei Partien mit folgender Stellung in der Datenbank hatte:

Werner - Hirschinger, Stellung nach 8....Sg4

In beiden Partien folgte hier 9.e6 und Weiß behielt einen vergleichweise kleinen Vorteil (eine Partie ging sogar verloren!). Die Vorbereitung zeigte jedoch auch, dass man hier deutlich besser spielen kann und tatsächlich kam die zugehörige Variante mit dieser Stellung auf's Brett.
Ganz im Stile unseres L. Hochscheidt in der letzten Pokalrunde schlug es mit 9.Lxf7+! ein. Nach 9...Kxf7 10.e6+ Ke8 (10...Kxe6 11.Sg5+ Lxg5 12.Dxg4+ +-) 11.exd7+ Lxd7 hatte Weiß einen Bauern mehr und der schwarze König war in der Brettmitte gefangen. Nach 21 Zügen endete die Partie zu meinen Gunsten. Lukas und Dominik erlebten in dieser Runde jedoch jeweils ihr Fiasco. Dominik spielte lange eine ausgeglichene Stellung und auch das Endspiel mit Läufer gegen Springer sollte eigentlich okay gewesen sein. Doch einige fragwürdige Entscheidungen machten ihm das Leben sehr schwer und letztlich ging dann ein Bauer zu viel verloren. Nach langem Kampf musste Dominik die Waffen strecken.

Zumindest gute Werbung für den Verein

Noch dramatischer verlief die Runde für Lukas, der nach dem Verlust einer Qualität stark mit seinen Springern zum Königsangriff überging. Gerade als er das verlorene Material zurückerobert und nun einen Mehrbauern besaß, fühlte er in Zeitnot den Drang die Dinge nun taktisch zu entscheiden. Eine einfache Aktivierung der letzten eigenen Figur hätte wohl den sicheren Sieg bedeutet, während die gespielte taktische Abwicklung nach hinten losging und nur eine ausgeglichene Stellung hätte bringen sollen. Lukas war aber noch derart im Angriffsmodus, dass das bei allseits hängenden Figuren das eine weitere Schach folgte, welches diesmal jedoch zu viel war. Im Anschluss ging Material verloren, der Angriff war vorbei und eine Niederlage die entsprechende Folge. Schade, schade!

Zusätzlich wurde ich vor Beginn noch mit Urkunde und Bronzenadel für die zehnte Teilnahme an DSAM-Vorturnieren ausgezeichnet. Dies hatte ich selbst natürlich gar nicht auf dem Schirm, da ich in der Regel nicht wie manch anderer mehrmals im Jahr zu verschiedenen Vorturnieren fahre. Als Jugendlicher war ich häufig im nahegelegenen Ramada-Hotel (später H4 Hotel) in Kassel (erstmals 2005) und laut Blick auf die alte DWZ-Karteikarte auch einmal in Bad Soden. Die Teilnahmen in Darmstadt und jetzt in Stuttgart haben dann offenbar die 10 voll gemacht. Bei dem Tempo könnte dann allerdings das Erreichen der silbernen Nadel für 25 Teilnahmen schwierig werden... 

6x Kassel, 1x Bad Soden, 2x Darmstadt, 1x Stuttgart

In der nachfolgenden Runde 4 wurden wir dann alle drei leider komplett zusammengeschoben. Bei mir war die Rochade zur falschen Seite nicht zu reparieren und auch die anderen beiden sahen in ihrer Partie keine Sonne. Mit entsprechendem Frust ging es an diesem Samstag zum Abendessen.

Erneut früh versuchten wir am Morgen der letzten Runde noch alles für einen versöhnlichen Ausgang des Turniers zu tun. Dominik und Lukas gelang dies auch relativ schnell, wobei Dominik erneut von unmotivierten Opfern seines Gegners profitierte. Ich selbst eroberte früh eine Qualität und hatte kurz vor der Zeitkontrolle eine Gewinnstellung aufgebaut:

Werner - Bilandzic, Stellung nach 34...Tb8

Hier verfiel ich auf den Gewinn von weiterem Material mit 35.Txc4? (35.Sd7 wäre alternativ sehr gut und wohl schnell zu gewinnen gewesen). Leider verfügt schwarz über die gemeine Abwicklung 35...Dxe6 36.Txe6 bxc4 37.Txd6 c3 und nun hat Weiß zwar eine Figur mehr, aber Schwierigkeiten den c-Bauern aufzuhalten. In der Folge muss Weiß die Figur zurückgeben und die entstehenden Turmendspiele sind vermutlich auch theoretisch nur remis: 38.Tc6 c2 39.Sd3 Tb1+ 40.Kg2 Td1! und mit dem Erreichen der Zeitkontrolle sind die Siegeshoffnungen dahin. Nach guter Verteidigung meines Gegners musste nach langem Kampf dann schließlich das Turmendspiel remis gegeben werden und ich konnte ein ziemlich verkorkstes Turnier nicht mehr durch einen Sieg in der letzten Runde korrigieren. Auch Lukas wird mit seinem Turnier wohl nicht gänzlich zufrieden sein, besonders da ein ganzer verschenkter Punkt bei nur 5 Runden doppelt schmerzt. Zumindest Dominik erzielte Punkte deutlich über seinem Erwartungswert, knackt damit erneut die 1800 und ist nun wieder auf der gleichen Zahl wie nach der DSAM im letzten Jahr in Darmstadt.

Ob wir bei einer weiteren Austragung der DSAM nochmal in Stuttgart vorbeikommen werden, bleibt abzuwarten. Zumindest werden wir in dieser Konstellation (natürlich mit zahlreichen anderen) in diesem Jahr zunächst noch das Grenke Chess Open in Karlsruhe und voraussichtlich auch das DWZ-Turnier in Bruchsal spielen. Damit ist die gute Gesellschaft schon mal gesichert, an den schachlichen Feinheiten darf und muss noch etwas gearbeitet werden.

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